Halbzeit!



Ich bin nun ca. 3 Monate in Estland und werde nur noch 3 Monate hierbleiben (stand heute). Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen und etwas mehr über meinen Alltag und meine bisherigen Eindrücke schreiben. 

Obwohl zweitgrößte Stadt in Estland, wohnen hier nur ca. 98.000 Menschen - gefühlte Hälfte davon sind Studenten. Mittlerweile kann ich nicht mehr ins Café oder zum Einkaufen gehen ohne andere (Erasmus-) Studenten zu treffen. Vom Ausgehen in die Bars will ich da gar nicht anfangen. Aber ehrlich gesagt, ist genau dies das Schöne am Semester in Tartu. So wurde die Stadt sehr schnell zum Zuhause. 
Ich genieße es im studentischen Treiben, seit die Uni angefangen hat ist die Tartu richtig lebendig geworden. Morgens (das studentische morgens, um 10 Uhr) laufen die jungen Leute wie in einem Ameisenhaufen durch den Stadtkern zu ihren Kursen. Zwischen und nach den Vorlesungen sammeln sich viele in den zahlreichen gemütlichen Cafés, auch ich genieße mittlerweile gerne einen Kaffee und/oder einen Kuchen um dort meine Uniarbeiten zu erledigen. Trotz der vielen Studenten habe ich das Gefühl mich in der Stadt treiben lassen zu können und das Unileben und die Atmosphäre einfach zu genießen.

Dazu trägt auch bei, an einer Uni mit langer Tradition zu studieren. Jedes Mal, wenn ich zur Vorlesung die Tür des historischen Hauptgebäudes aufmache und durch die alten Flure zum Seminarraum laufe, habe ich das Gefühl die Geschichte zu spüren. Die Universität hat immer eine wichtige, zentrale Rolle in Estland gespielt. Hier studierten viele der wichtigsten Personen Estlands, wie zum Beispiel die aktuelle Präsidentin Kersti Kaljulaid.




Karlova - mein Stadtteil, ist bekannt als Bohème und etwas alternativ. Größten Einfluss hierauf hat die Kunstakademie der Uni, die im Viertel liegt. Die meisten Häuser sind klassische estnische Holzhäuser, manche sehen von außen etwas heruntergekommen aus aber von innen sind viele bereits renoviert. Es gibt viele (sehr gute!) Graffitis, ein paar gemütliche Cafés und die Barlova



Eine einzigartige Nachbarschaftskneipe, gründet von einem Italiener, besucht von Esten, Internationalen und Lokalen aller Altersklassen. Die Bar hat ein ganz eigenes, lebhaftes Flair und ist einer der wenigen Orte an denen man ganz offen mit Esten redet und eine willkommen-warme, herzliche Atmosphäre erlebt. Damit möchte ich auf keinen Fall sagen, dass Esten unhöflich sind - sie sind nur häufig introvertiert und ruhig. Auf http://estonianworld.com Ist vor kurzem ein Artikel dazu erschienen, leider auf Englisch. Wer möchte, kann ihn hier nachlesen. Zusammenfassend spricht der Autor von Tartu als Seele Estlands und der Barlova als der Seele Tartus. 

Ich unternehme viel mit meiner lieben Mitbewohnerin Johanna und dem harten Kern der Sprachkursgruppe im Januar. Aber der gesamte Bekanntenkreis ist natürlich größer geworden, und wächst auch jede Woche noch. Meistens in der Bar, aber ich denke das ist ok.

Ein Spaziergang auf dem Fluss hat Sonntags vor einigen Wochen auch endlich geklappt!


Was ich am meisten vermisse, sind natürlich Familie und Freunde. Ich hoffe ihr habt alle ein frohes Osterfest zusammen und freue mich euch bald wieder zu sehen! 
Auch das Fahrradfahren in Estland hat noch nicht geklappt, es ist bisher einfach zu kalt dafür.  Wir hoffen nun alle auf den richtigen Frühling, für diese Woche sind nur Temperaturen unter null gemeldet. Immerhin scheint die Sonne mittlerweile viel öfter und kräftiger. Und ich habe letztens den wohl wärmsten Ort in Tartu gefunden (Saunen ausgeschlossen): Das Gewächshaus des botanischen Garten!

In den Supermärkten sind die Regale gut gefüllt, allerdings gibt es in Estland keine Drogeriemärkte und ich weiß einen dm oder Rossman in der Nähe nun wirklich zu schätzen!
Im Cafe hatte ich heute sogar ein kleines (aber für mich großes) Erfolgserlebnis: Die Kommunikation mit dem Kellner hat komplett auf Estnisch funktioniert – Yippie!
Heute Abend kommen Freddy und Vici, Freundinnen aus Dortmund, zum Besuch vorbei. Ich freue mich riesig die beiden wieder zu sehen und ihnen Tartu zu zeigen. 


In diesem Sinne liebe Grüße in die Heimat oder wo auch immer ihr dies gerade lest!

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